Bienwald Marathon Kandel

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„Wenn man zum Marathonlauf nach Kandel kommt, weiß man, dass man wahrscheinlich alleine sein wird.“ Da lag der 35jährige Betriebswirt von der TSG 1862 Weinheim mit seiner Vermutung gar nicht falsch, bezieht man es auf sein Leistungsvermögen. Beim Frankfurt Marathon 2016 lief er 2:25:24 h, kommt ursprünglich vom Radrennsport und brachte von daher seine Leidenschaft fürs Alpine mit. Beim Stelvio Marathon mit 2350 Höhenmetern zum Ziel auf das Stifserjoch (2757m) musste er sich als Titelverteidiger 2018 mit Rang 2 begnügen und wird 2019 wieder antreten. Wie erwartet war er nach der Halbmarathonwende auf dem weiteren Weg auf sich gestellt.

Bei Halbmarathon nach 1:14:50 h hatte er 1:16 Minute Vorsprung auf den gleichaltrigen Richard Schumacher vom Sparda Team Rechberghausen. Es hätte also rasch eng werden können, doch Jochen Uhrig hatte auch die bessere zweite Hälfte gepachtet und lief nach 2:28:08 h als Sieger auf der Kunststoffbahn ein. Im Ziel sofort wegen des Wetters befragt, erstaunte seine Antwort: „Es ging eigentlich. Wo Wald war, war es okay.“ Er berichtete auch von Abschnitten mit brutalem Gegenwind. „Aber über 80% waren gut. Ich konnte meinen Rhythmus laufen und war ja darauf eingestellt, allein zu laufen“, so Uhrig. Es war seine erste Teilnahme in Kandel und er fand, es war ein schönes Rennen. Er lief nicht am Anschlag, mehr als Vorbereitung für den Boston Marathon in vier Wochen. Weshalb man ihn 2019 beim Halbmarathon in Heidelberg vermissen wird, wo er die beiden letzten Austragungen gewann und 2017 den Streckenrekord dem Höhenprofil zum Trotz auf 1:12:47 h verbesserte.Während des Laufs wurde Matthias Wagner von Sprott , der auf den beiden letzten Dritteln schneller war, überholt. Keineswegs ging der Läufer des TV Hinterweidenthal deshalb leer aus. Ihm blieb der Sieg in der M40 und obendrein wurde er in 2:42:03 h Pfalzmeister, schnappte Michael Ohler vom Veranstalter den Titel weg, der in 2:46:16 h Vizemeister und M50 Sieger wurde. Mit dem direkt dahinter auf Rang 9 folgenden Christian Flügel (2:46:42) und Neuzugang Dirk Karl in 2:59:10 h gab es für den TSV Kandel den Pfälzer Mannschaftstitel zu feiern. Die Liste der Männer schließt mit M75-Sieger Uli Teichmann in 5:41:18 h netto. 25 Männer blieben unter drei Stunden.

Sub3 Stunden, das hatte Eva Katz vom RC Vorwärts Speyer auch als Wunschzeit. Die ersten 10 Kilometer lief sie mit Vorjahressiegerin Nina Vabic und Maria Magdalena Veliscu in 42:23 min. Mit 1:29:06 h bei Halbzeit lag sie im Soll und zwischenzeitlich alleine vorn. Doch nach 25 Kilometern traten Probleme auf. Nach 28 Kilometer passierte sie der 3-Stunden-Brems-und Zugläufer David Mild. Immerhin musste sie nicht aufgeben, wie vor 10 Jahren bei ihrer ersten und bis dato einzigen Marathonteilnahme in Kandel. Sie verletzte sich und konnte fünf Monate nicht laufen. Nach 3:02:33 war ihr Sieg unter Dach und Fach, der für die W40-Läuferin auch die Pfalzmeisterschaft bedeutete. „Ich bin nicht so der Titeljäger“, beantwortete sie Fragen der Medienvertreter nach dem Wert dieser Auszeichnung. „Mit dem Wetter das ging, ich war oft in einer Gruppe drin“, berichtete sie weiter. Vielleicht schaffe ich es ja mal unter 3 Stunden, war dieses Thema für Eva Katz nicht abgehakt. Nicht so schnell ist der Trollinger Marathon in Heilbronn, den würde sie gern laufen. Auf jeden Fall wieder den Jungfrau Marathon im Herbst, wo sie wegen vorderen Platzierungen vom Veranstalter eingeladen wird. Und im September noch den Berlin Marathon, da war sie schon einmal: 2004. Die Negativerfahrung in Kandel liegt nun hinter ihr. Den Titel im nächsten Jahr zu verteidigen und endlich die 3 Stunden zu unterbieten, das müsst in der Euphorie des Sieges doch einfach nur verlockend klingen.

Margit Klockner aus der Eifel, Jahrgang 1985, hatte von ihrer ersten Teilnahme viel Gutes zu berichten: Super flache Strecke, tolle Organisation, und das Wetter, das konnte sie nicht schrecken. Sie ist Radrennfahrerin und Läuferin, startet für den SRL Triathlon Koblenz und hatte beim Ötztaler Radmarathon, ein Rennen über 240 km mit 5500 Höhenmetern, bei einem Kälteeinbruch ganz andere Wetterkapriolen erlebt und gefroren wie noch nie. Nach 3:06:11 h kam sie als Zweite ins Ziel mit neuer persönlicher Bestzeit. Abgelöst sind die 3:13h, die sie vor zwei Jahren beim Hunsrück-Marathon gelaufen war. Auf Kandel hatte sie extra hintrainiert, wollte 3:10h laufen. „Ich bin begeistert. Dass es so gut laufen würde, hätte ich nie gedacht“, so die 33jährige, die macht, was ihr Spaß macht, mal Triathlon, mal Radrennen oder mal laufen. Für Vorjahressiegerin Nina Vabic (Run & More) lief es von Anfang an nicht. „Ich bin dann alleine meinen Stiefel gelaufen und nun froh im Ziel zu sein, denn jetzt wird es richtig ungemütlich“, so die W35-Siegerin und Dritte nach 3:10:34 h. Als Run & More GbR bietet sie eine Anlaufstelle für optimale Trainingsergebnisse im Main-Kinzig-Kreis an und hat ihren Startpass bei der TSG Kleinostheim. „Heute war ein Formtest, mir fehlen noch komplett die schnellen Einheiten.“ Claudia Hille ist ihre Partnerin bei Swimrun Wettbewerben, wo sie auch keine Wassertemperaturen unter 10 Grad abschrecken. Gestartet sind sie u.a. beim Engadiner Swimrun. „Die Wassertemperaturen verlangen da auch einiges ab“, räumt sie ein, immerhin summieren sich die Schwimmstrecken im Engadin auf 6,5 Kilometer und werden durch 46,5 km Trails komplettiert. Vielleicht startet sie beim Trail-Marathon in Heidelberg, der interessiert sie. Aber bis zum Oktober werden wir sicher noch des Öfteren von ihr berichten können.

Die Rumänin Maria Magdalena Veliscu (Running Frenzy) erlitt noch einen weitaus heftigeren Einbruch und rettete sich in 3:22:00 als Vierte vor der aufkommenden Pia Winkelblech ins Ziel, die für die Landau Running Company in 3:22:31 h Vizemeisterin der Pfalz und 2. der W40 wurde. Die weiteren Top Ten Plätze gingen an Petra Friedrich (W35) in 3:23:29 h, Malvine Bläßer von PST Trier (3:23:32), Yvonne Jung (RC Vorwärts Speyer) 3:23:52 h, Daniela Unger von Triathlon Lauingen (3:27:07) und W45-Pfalzmeisterin Sandra Fätsch (3:27:12h) vom ausrichtenden TSV Kandel.

Noch vor dem 45. Bienwald-Marathon schreibt der TSV Kandel, der zweimal Deutsche Marathonmeisterschaften ausgerichtet hat, erneut Geschichte. Für den Herbst hat man die Aufgabe angenommen, die Deutschen 100km Meisterschaften zu organisieren. Josef Vollmer, Stadtrat und 1. Vereinsvorsitzender hofft weiterhin auf die große Erfahrung von Roland Schmidt, wenngleich der OK-Chef sicher etwas kürzer treten wird. Mit dem geplanten neuen Hallenanbau wird man sich zumindest des Festzeltes für die Marathonmesse entledigen können. Weiter steht eine umfassende Renovierung der Leichtathletikanlagen samt Laufbahn im Stadion an, die rund 5 Millionen Euro verschlingen wird. Der TSV Kandel rechnet dann wieder auf die Vergabe von Leichtathletikmeisterschaften ins Bienwald-Stadion. Nur, wie es mit der Nutzung der Sporthalle weitergehen wird, die die Brandschutzbestimmungen nicht mehr erfüllt, dafür zeichnet sich keine Lösung ab.

Hoffen wir darauf, dass der Klimawandel oder was auch immer die Stürme auslöst, den Bienwald nicht zur No-Entry-Zone macht und die nächsten Jahre keine herabfallenden Äste und Kieferbrüche den Lauf gefährden. Die größte Gefahr sollte im Bienwald von der Wildkatze ausgehen, wenn sie sich doch nur mal beim Kandel-Marathon zeigen würde.

Aufgrund des Sturms gab es auch eine Störung der Datenübertragung vom Bienwald-Stadion zur Halle. Roland Schmidt teilte schließlich den Wartenden mit, es sei nach 41 Jahren nun erstmals passiert, dass sie die Altersklassen-Siegerehrungen des Halbmarathons nicht durchführen können. Doch noch während der Ansage wurde er informiert, es sei nicht aussichtslos, aber man brauche noch eine halbe Stunde. Währenddessen hatte man etwa die letzten auf der Strecke befindlichen Marathonis eingesammelt und den Marathon unfallfrei abgebrochen. Was für ein Glück, denn tatsächlich waren drei mächtige Kiefern vom Sturm entwurzelt auf die Strecke gefallen.