Leichtathletik Flott und flotter am Sonntagmorgen in Rülzheim

Cattarius, Thomas

Thomas Cattarius

01. September 2024 – 19:30 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten- Copyright Reinpfalz.de

Tanja Hellmann übt, Flüssigkeit aufzunehmen. Einige Teilnehmer am Rülzheimer Südpfalzlauf haben große Ziele vor sich. Mindestens einer wird an seine Grenzen geführt.

Dzien dobry! Ein herrlicher Sommertag begrüßt die Gruppe aus dem polnischen Landkreis Krotoszyn, seit 2008 Partnerkommune des Landkreises Germersheim, am Sonntagmorgen im Rülzheimer Freizeitzentrum. Schweißtreibendes erwartet sie. Marcin Zawieja (38), er arbeitet in der Verwaltung und ist sozusagen ein Kollege der Kandelerin Pia Winkelblech, und fünf andere Männer werden den Halbmarathon angehen. Paulina Szymanowska aus ihrer Gruppe läuft den „Zehner“. Am Abend wird bei der Feuerwehr gegrillt.

Winkelblech (48) und Tanja Hellmann (32), Trainerin in der LG Rülzheim, werden sich diesmal nicht verausgaben. Sie reden von einem Trainingslauf – und sind doch die schnellsten Frauen auf der längsten angebotenen Strecke. Die eine hat die deutsche 100-Kilometer-Meisterschaft am 21. September vor der Haustür in Kandel und eventuell die gleiche Distanz in Bangaluru/Indien im Blick, die andere den Bréal-Marathon am 3. Oktober in Landau. Dafür probiert Hellmann etwas aus.

Vorbereitung auf Bukarest

Kay-Uwe Müller gibt Gas. Er hat sich das Profil der Strecke angesehen und sich in der Vorbereitung auf die Marathon-Massters-Weltmeisterschaften am 13. Oktober in Bukarest für einen Start in Rülzheim, seinen ersten hier, entschieden. Dafür ist er aus Schwäbisch Hall gekommen und hat in Karlsruhe in einem Hotel übernachtet. „Eine runde Strecke, flach, Wald“, sagt der 44-Jährige, der mit drei Angestellten einen Hausmeisterservice führt mit viel Gartenarbeit, nach seinem Sieg in 34:13 Minuten. Eineinhalb Minuten verstreichen, bis der Zweitplatzierte Roland Golderer (Gazelle Pforzheim) im Ziel von Moderator Wolfgang Behr angekündigt wird. Müller kann noch schneller. Im März lief er in Leverkusen 32:23 Minuten, im April den Marathon in Hannover in einer 2:31er-Zeit. Anfang August hat er sich leicht gezerrt. Er spürt das noch in seinen Schritten, Schmerzen hat er keine, wie er sagt.

Ein neues Hyrox-Doppel

Vor 19 Jahren hat Katharina Wetzel von der LG Rülzheim in Wetzlar einen U18-Pfalzrekord über 400 Meter Hürden aufgestellt. Sie ist in Rülzheim die 10-km-Siegerin – mit Platten in beiden Mittelfüßen und im Sprunggelenk. Ihr Ding ist seit einem Dreivierteljahr Hyrox, eine Fitness-Challenge, bei der Laufen mit anderen funktionellen Trainingselementen kombiniert wird. Tayfun Simsek, Personaltrainer und Sport- und Gymnastiklehrer, Fußballer beim TSV Landau, hat in Landau ein Hyrox-Studio. Zu einem weiteren ehemaligen Fußballer hat die 35-jährige Wetzel einen Bezug: Stefan Schultz (Herxheim) ist ihr Chef an der BBS SÜW, Standort Bad Bergzabern. Sport und Ethik sind die Fächer der Lehrerin. Bis zum Alter von 22 Jahren war Wetzel Leistungssportlerin und ruinierte Knochen und Gelenke. Sie habe sich nie geschont, sagt sie. Das Sportstudium war zu viel für den Körper gewesen. Sie beendete die Leichtathletikkarriere und fing mit Kraftsport an als Ausgleich.

Den Lauf in Rülzheim gewinnt Wetzel in 43:26 Minuten. Im Schlepptau hat sie ihren Freund Timo Kern aus Landau, mit dem sie ein Hyrox-Doppel bilden will, der mit ihr als Team Body Health Conzept seinen ersten Zehner läuft: „Mehr wäre nicht gegangen“, sagt er nach Platz 19 im Gesamtklassement. Die Platten, Erinnerungen an Operationen, will sie ihr Leben lang behalten.

„Mehr in die Nase gekriegt als in den Mund“

Dem Halbmarathon fehlen ganz schnelle Männer. Fünf Kilometer hat Stefan Fimpel einen Begleiter, der 34-jährige Softwareentwickler aus Neustadt gewinnt überlegen in 1:22:22 Stunden. In Landau will er seinen ersten Marathon laufen.

Hellmann und Winkelblech machen im Halbmarathon gemeinsame Sache bis Kilometer 14. 4:20 Minuten/Kilometer laufen sie im Schmitt, dann verabschiedet sich die Jüngere im Trikot mit Nummer 1459. Hellmann geht in einen 3:55er-Schnitt über, sie gewinnt in 1:28:27 Stunden. Weil sie in Landau mal wieder Marathon laufen will und den von 2023 in Karlsruhe in keiner guter Erinnerung hat, trinkt sie an jeder Verpflegungsstelle („mehr in die Nase gekriegt als in den Mund“) und nimmt Energiegels, die ihr Magen verträgt. In Karlsruhe war die Frau mit dem empfindlichen Magen „unterzuckert, dehydriert und ohne Erinnerung an die letzten 15 Kilometer ins Ziel gerannt“.

8:40 Stunden

Wie war das mit Trainingslauf? „Für Tanja war es ein flotter Trainingslauf, für mich ein flotterer“, sagt Winkelblech, Zweite in 1:31:23. „Ich kann mit der Hitze nicht so gut umgehen.“ Die 100 Kilometer will sie in drei Wochen in unter 8:40 Stunden laufen, um sich für die WM am 7. Dezember in Indien zu qualifizieren.

Die polnische Gruppe mit Tanja Hellmann und Pia Winkelblech.
Die polnische Gruppe mit Tanja Hellmann und Pia Winkelblech.Foto: thc