Tanz der Vampire – Transylvania Ultra

Wie kommt man eigentlich auf Rumänien und warum?
Nur durchs Laufen – zumindest gilt das mal für mich und vielleicht noch ein paar andere Bekloppte.
Und dann müssen gleich großspurig 100km mit 6.500HM gemeldet werden. Es sollte mein erster 100er werden. Warum so etwas also nicht in einem Land in dem es Wölfe und Bären gibt dafür aber eine fragliche medizinische Versorgung und kaum Austiegsmöglichkeiten aus dem Rennen in alpinem Gelände? Das klingt einfach verlockend irre.

Die Vorbereitungen liefen recht gut, die sukzessiv länger werdenden Testwettkämpfe ebenfalls! Meine Abneigung gegen extrem lange Einheiten an den Wochenenden konnte ich dennoch nicht loswerden und war da, zugegebenermaßen wie gehabt, nachlässig. Aber der Kopf war überzeugt.
Zwei Wochen vor Abreise ist es mir allerdings wieder mal gelungen mir eine Bänderdehnung zuzuziehen. DejaVue?. Mein sonst so wahnsinnig schnell regenerierende Körper schafft so einen Heilungsprozess leider auch nicht in der kurzen Zeit.
Ein wenig hat mir das Herz geblutet bei der Abholung der Startnummern. Aber spätestens bei km 3 des Wettkampfs nach einer kurzen Nacht und frühem Start war die Blutung gestillt. 1.500HM im Aufstieg auf knapp sechs km ohne Kaffee und mit nur einem Riegel sind echt übel. Mit Schwindelanfällen zeigt mir mein Körper was er davon hält: absolut nichts! Ich probiere es mit Essen und Hoffen….es wird irgendwann mal flach werden? Eine kurze Passage der Erholung ist uns tatsächlich gegönnt. Kurzer Stopp an VP 1. Wir sind beide ein wenig gedrückt. Der nächste Teil der Strecke verläuft mit moderaten Steigungen über Schneefelder und immer tiefer in die Nebelsuppe hinein. Es wird langsam empfindlich kalt. Wind zieht auf. Die Wegfindung wird schwieriger. Immer wieder kommen wir vom richtigen Weg ab. Es sieht eh alles gleich aus: Nebel, Gras, Schnee….

Dann kommt ein lang gezogenes Schneefeld (ca. 2km?) bei dem Läufer an Läufer gereiht in den Spuren des Vorgängers nach oben stapft. Wenn oben einer abrutscht räumt er alle Nachfolgenden mit ab. Es geht echt sehr langsam voran- im Nebel sieht man das Ende der Passage nicht. Und Gott sei Dank auch nicht nach unten. ?
Laufschuhe sind nicht die optimale Behufung für so etwas und schlauerweise habe ich nicht mal Handschuhe angezogen. Die waren zu gut verpackt und im Aufstieg war es nicht mehr möglich den Fehler zu korrigieren. Sehr professionell! Die Finger sterben langsam ab. Als ich es nach einem gefühlt endlosen „Nach-oben-Gestapfe“ zum höchsten Punkt geschafft habe geht es weiter im Nebel. Es ist wahnsinnig kalt und der Wind macht es schier unerträglich. Ich hab kein Gefühl mehr wie lange ich da oben frierend auf dem Omu rumgerannt bin bis es endlich wieder abwärts ging. Es kam mir ewig vor. Endlich wird es etwas wärmer nach unten und ich ziehe mir nun doch Handschuhe an. Das Wetter hat mich nach mehreren Stunden Kälte davon überzeugt.

Den zweiten Teil der Strecke verbringe ich nach einem einleitenden Hagelschauer komplett im Dauerregen. Saugut! Ich bin bis auf die Unterhosen nass trotz Regenjacke. Und die Downhills auf dem letzten Drittel der Strecke sind purer Matsch. Eigentlich stürzt man die nur noch irgendwie runter. Ich bin völlig eingesaut.
Wie es um die Moral vom neben mir rennenden Läufer steht merke ich bei seiner Antwort auf meine Aussage „Hoffentlich hält der Akku der Uhr bis ins Ziel damit wir die Strecke voll drauf haben!“.
„Ist mir scheissegal!“
Das ist bei der üblichen Graduierung von….
-Ich lauf mal auf Sieg an.
-Unter die ersten 3 ist auch ok!
-Hauptsache unter die ersten 10!
-Was mach ich hier eigentlich? 
-Hoffentlich ist es bald rum!
-Ich will einfach nur ankommen!
…..noch eine Stufe drunter.
Weiss ich also Bescheid!

Nach über 10 Stunden bin ich am Ziel beimDracula-Schloss in Bran. Ein rumänischer Taxifahrer zeigt Erbarmen und nimmt mich mit zum Hotel. Sein Kollege hat uns bereits Kopfschüttelnd abgewiesen nachdem er mich in meiner braunen Pracht gesehen hat. Ich bin auch echt schlimm eingematscht.

Schlussendlich bin ich froh nicht den 100er gemacht zu haben – ich hätte mich wohl umgebracht. Oder willenlos im rumänischen Nirgendwo verlaufen.
Aber vergessen ist er nicht! ?Vielleicht 2019??